Kom­mu­ni­ka­tion – Ein bun­ter Strauß an Möglichkeiten

von | 29.04.2025

Seit mei­ner Jugend beschäf­ti­gen mich einige Fra­gen:
Was pas­siert, wenn wir im Kon­takt mit ande­ren Men­schen sind? Wie gehen wir in Kon­takt? Wie tau­schen wir uns aus? Warum ver­hält sich ein Mensch im Umgang mit ande­ren so und ein ande­rer ganz anders?

Die Ant­wor­ten dar­auf sind sehr viel­fäl­tig und genau das finde ich so spannend.

Kriegs­enke­lin

Als Kriegs­enke­lin bin ich, wie so viele mei­ner Gene­ra­tion, in einer Fami­lie auf­ge­wach­sen, in der es nicht üblich war, über die wirk­lich wich­ti­gen The­men offen mit­ein­an­der zu sprechen.

Meine Eltern, gebo­ren 1935 und 1936, hat­ten nach dem Krieg, in ihrem spä­te­ren Leben, ihre trau­ma­ti­schen Erleb­nisse nie aufgearbeitet.

Über den Krieg zu spre­chen, war in unse­rer Fami­lie tabu.
Die Ver­drän­gung aller trau­ma­ti­schen Erleb­nisse und damit ver­bun­de­ner schmerz­haf­ter über­wäl­ti­gen­der Gefühle wie Trauer und Angst, schien die ein­zig mög­li­che Über­le­bens­stra­te­gie zu sein.

Siche­res Terrain

Das führte dazu, dass auch über vie­les andere nicht offen gespro­chen wurde. Kon­flik­ten ging man aus dem Weg, inten­sive Gefühle wie Trau­rig­keit, Angst oder Wut waren eher unerwünscht.

„Gute Miene zum bösen Spiel“ war einer der Lieb­lings­sätze mei­ner Mut­ter. Nach außen wurde der Schein gewahrt – auf­tau­chende Pro­bleme „unter den Tep­pich gekehrt“.

Unsere Art der Kom­mu­ni­ka­tion inner­halb der Fami­lie war daher eher seicht und all­täg­lich. Wir blie­ben meis­tens an der Ober­flä­che. Auf siche­rem Ter­rain sozu­sa­gen. Dafür wurde auch der eine oder andere Kon­takt­ab­bruch in Kauf genommen.

Erkennt­nisse

Durch die inten­sive Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Thema „Kriegs­en­kel“ und durch viele Gesprä­che mit ande­ren Betrof­fe­nen, weiß ich, dass meine Fami­lie kein Ein­zel­fall ist – im Gegenteil.

Die unver­ar­bei­te­ten Trau­mata über­tra­gen sich in die nächs­ten Gene­ra­tio­nen. Es liegt nun an uns, diese genauer zu betrach­ten und in unser Leben zu integrieren.

Mir per­sön­lich hat das sehr gehol­fen, meine Eltern aus heu­ti­ger Sicht bes­ser zu ver­ste­hen. Ich mache ihnen keine Vor­würfe und emp­finde heute nur noch Liebe für sie. Dafür bin ich sehr dankbar.

Offen­heit

Frü­her hat mir oft die Offen­heit und damit ver­bun­dene Tiefe in unse­ren fami­liä­ren Bin­dun­gen gefehlt. Des­halb sind mir schon immer offene und auf­rich­tige Gesprä­che im mensch­li­chen Kon­takt sehr wichtig.

Auch in mei­ner the­ra­peu­ti­schen Arbeit mit mei­nen Kli­en­ten fällt mir immer wie­der auf, wie sehr die Art der Kom­mu­ni­ka­tion inner­halb einer Fami­lie das Leben der/des Ein­zel­nen beeinflusst.

Es geht um Gren­zen. Unsere eige­nen Gren­zen und die der ande­ren. Wo zie­hen wir für uns die Grenze und sagen „stopp“ – bis hier­hin und nicht wei­ter. Wo über­schrei­ten wir selbst die Gren­zen unse­rer Mit­men­schen, ohne es viel­leicht zu mer­ken. Und vor allem: wie kom­mu­ni­zie­ren wir an unse­ren Kontaktgrenzen?

Das ist ein so span­nen­des und hoch­in­ter­es­san­tes Thema, dass ich wäh­rend des Schrei­bens am liebs­ten von einem Aspekt zum nächs­ten hüp­fen würde. Die Gedan­ken ein­fach spru­deln las­sen und alles gleich­zei­tig in Wor­ten festhalten.

Kon­flikte

Die meis­ten Kon­flikte ent­ste­hen durch man­gelnde Kom­mu­ni­ka­tion. Es wird zu wenig mit­ein­an­der gere­det, Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten enden nur in gegen­sei­ti­gen Vor­wür­fen oder man ver­birgt vor­ein­an­der, was einen wirk­lich beschäf­tigt. Die Angst, den ande­ren zu ver­let­zen oder selbst ver­letzt zu wer­den, indem man zu viel von sich offen­bart, steckt oft dahinter.

 Mir per­sön­lich ist eine gute Streit­kul­tur sehr wich­tig. Sich anein­an­der ver­bal zu rei­ben bedeu­tet: ich bin in der Lage, mich mit mei­nem Gegen­über aus­ein­an­der­zu­set­zen. Das wie­derum bedeu­tet nicht, laut zu wer­den oder sich gegen­sei­tig ins Wort zu fallen.

 Nein – sich gut zu strei­ten beinhal­tet: ich höre dem ande­ren zu, nehme ihn ernst und ver­su­che ihn zu ver­ste­hen. Im Gegen­zug werde ich gehört, ernst genom­men und viel­leicht verstanden.

Leben­dige Kommunikation

Kom­mu­ni­ka­tion kann sehr leben­dig sein, da sie auf vie­len Ebe­nen stattfindet:

Da sind natür­lich in ers­ter Linie die Worte, unsere Spra­che. Durch unsere Stimme – die­ses wun­der­bare Instru­ment – ver­lei­hen wir die­sen Wor­ten Ausdruck.

Unsere Mimik und Ges­tik sagt viel über unsere Gefühle aus: Zeige ich diese offen, indem ich mei­nen Gesichts­aus­druck ent­spre­chend ver­än­dere oder ver­berge ich sie, indem ich eine innere Maske auf­setze. Halte ich den Augen­kon­takt zu mei­nem Gesprächs­part­ner oder ver­meide ich ihn sogar… Bin ich mei­nem Gegen­über zu- oder eher abge­wandt. Ges­ti­ku­liere ich mit Hän­den und Armen oder bleibe ich eher ruhig und verhalten.

Unsere Kör­per­spra­che sen­det eben­falls viele Signale aus. Die Band­breite der non­ver­ba­len Bot­schaf­ten ist riesig.

Berei­chernde Bewusstheit

Auch wenn das meiste davon unbe­wusst abläuft, bie­tet sich uns – wäh­rend wir in Kon­takt mit unse­ren Mit­men­schen sind – ein viel­fäl­ti­ges Erle­ben auf allen Ebe­nen, unse­rem Gegen­über Bot­schaf­ten zu ver­mit­teln und ebenso zu empfangen.

Das Span­nende ist: Wir kön­nen uns jeder­zeit unsere Art der Kom­mu­ni­ka­tion bewusst machen und sind dadurch in der Lage, sie zu verändern.

Wäh­rend ich selbst spre­che und: wäh­rend ich zuhöre.

Dafür ist es wich­tig, sich selbst bes­ser ken­nen­zu­ler­nen. Was genau erzeugt mei­nen Ärger wäh­rend eines Kon­flik­tes? Was für ein Bedürf­nis habe ich jetzt gerade? Was hält mich davon ab, die­ses Bedürf­nis zu kommunizieren?

Offen und authen­tisch im Kon­takt zu sein, bedeu­tet Echt­heit. Dabei kann viel Empa­thie und Wert­schät­zung für­ein­an­der ent­ste­hen. Damit es erst gar nicht zu einem Kon­flikt kommt.

Indi­vi­du­elle Gemeinsamkeit

Unsere Art der Kom­mu­ni­ka­tion ist so indi­vi­du­ell wie unsere Lebensgeschichten.

Gemein­sam haben wir aber eines:

Wir alle brau­chen einen Gesprächs­part­ner, der uns aktiv zuhört, der uns Raum im Gespräch gibt, jeman­den, der offen und ehr­lich an dem inter­es­siert ist, was wir zu sagen haben.

Wenn wir uns inner­lich unse­rem Gegen­über zuwen­den und öff­nen, weil wir uns öff­nen wol­len, ent­steht auf der ande­ren Seite Ver­trauen. Ver­trauen wie­derum ist die Vor­aus­set­zung dafür, sich Öff­nen zu wollen.

Kom­mu­ni­ka­tion ist ein Wech­sel­spiel. Viel­schich­tig und sehr viel tief­grün­di­ger, als es uns auf den ers­ten Blick erscheint.

Die Kraft des Schweigens

Heute habe ich Freund­schaf­ten, in denen durch offene, authen­ti­sche Kom­mu­ni­ka­tion so viel Ver­trauen ent­steht, dass wir auch mal wun­der­bar mit­ein­an­der schwei­gen kön­nen, ohne uns unbe­hag­lich zu füh­len.  Ganz ohne Worte.

In die­sem Sinne
Eure Astrid

Astrid Banko
Astrid Banko
Heil­prak­ti­kerin für
Psy­cho­the­rapie